Laos

Wir besteigen das hölzerne Boot. Schon beim Ticketkauf schweifen unsere Blicke über die Passagierliste. Da reihen sich amerikanische Touristen an englische ebenso wie deutsche an australische. Hmm..das Slowboat scheint ein mehrbesserer Touristenfrachter zu sein. Während wir die zugewiesenen Plätze suchen, verschwinden unsere Rucksäcke im Rumpf des Schiffes. Auf den alten Autositzen platzgenommen, schauen wir dem Schauspiel zu – und denken an unseren Intelligenztest für Touristen zurück. Die eine scheint doch das Gefühl zu haben, mal eben aufs Dach klettern zu müssen, eine andere lässt die Bemerkung liegen, dass das hier aber nicht nach Partyboot ausschaue. Andere beschäftigen sich noch mit der Frage der Schwimmfähigkeit des Schiffs während einer doch tatsächlich versucht seine Hängematte an den maroden Holzplanken aufzuhängen. Seine eben frisch kennengelernte Schmusefreundin erklärt ihm jedoch, dass das wohl nicht halte..Immerhin. Die Fahrt auf dem Mekong, der Lebensader der Region, lässt die Touristen jedoch schnell vergessen. Wir fahren mit dem Strom. An uns ziehen Sandstrände, Felsen, Dörfer und Urwälder vorbei. Der Kapitän manövriert das Boot gekonnt zwischen den Felsen durch – ähnliche Stromschnellen, in welchen ich vor ein paar Tagen ein unfreiwilliges Bad genommen habe. Den Reinfall habe ich imfall ohne Probleme überstanden.

Nach einem langen zweiten Tag erreichen wir dann endlich Luang Prabang, oder so ähnlich. Denn das Boot legt etwa sechs Kilometer stromaufwärts an. Die Touristen werden geradezu genötigt ein völlig überteuertes TukTuk in die Stadt zu nehmen. Nicht das erste Mal haben wir das Gefühl, dass die Touristen hier ausgenommen werden. Schon an der Grenze, welche offiziell bis 22:00 Uhr geöffnet ist, fallen den ganzen Tag Gebühren für Überstunden an. Erfahren genug, gehen wir also auch hier einige hundert Meter zu Fuss und schon findet sich ein Tuktuk zum halben Preis.

Luang Prabang ist ein gemütliches, überschaubares Städtchen. Den Franzosen ist es zu verdanken, dass es hier Baguette und westliche Architektur gibt. Gemischt mit den buddhistischen Tempeln und den vielen Mönchen ergibt das ein ganz witziges Flair. Nachdem wir ein echtes Schweizer Käsefondue auf einer Speisekarte gefunden haben, ist für uns klar: Wir haben soeben unser Weihnachtsmenü entdeckt. So verweilen wir länger als die meisten anderen Touristen in Luang Prabang und geniessen die einkehrende Routine. Morgens gibt es ein frische Früchte und Baguette mit Erdnussbutter und Nutella. Abends fast immer ein Apéro und ein Curry zum Znacht. Ein praktisch täglicher, oder eben nächtlicher Spaziergang über den Nightmarket darf da auch nicht fehlen. Natürlich ist das Ganze mit viel Schlaf gespickt! Schliesslich muss man sich auch noch etwas erholen.

Trotzdem kämpfen wir uns an einem Morgen zum Sonnenaufgang aus dem Bett. Der Almosengang der Mönche steht bevor, schliesslich ernähren sich diese vom gespendeten Essen. Ruhig und gelassen gehen sie ihren Weg. Ohne Rücksicht auf die buddhistische Religion und Kultur fotografieren die unwissenden Touristen die Geistlichen mit Blitz aus Kurdistanz. Manch ein Besucher kauft von einem Strassenmarkt abgepacktes Essen und Süssigkeiten, um zum Almosengang etwas beitragen zu können (oder etwa doch um gutes Karma zu erkaufen?). Tja, die Mönche dürfen diese Speisen nicht ablehnen, was sie aber nicht daran hindert, diese bei der nächsten Gelegenheit zu deponieren. Eine Win-Win-Situation. Denn die Marktverkäuferinnen sammeln die Ware wieder ein, um sie am nächsten Morgen dem nächsten Besucher zu verkaufen.

Etwas Abwechslung in das Tagesprogramm geben auch die diversen Bekanntschaften. Teils neue, teils alte. So treffen wir Timian und Rebecca wieder. In Moskau starteten wir unsere Reisen praktisch gemeinsam, gingen total verschiedene Wege und haben uns hier spontan auf einen Drink verabredet. Kurzerhand ist daraus ein Ausflug an den Kuangsi Wasserfall entstanden, wo ich das erste Mal meine Badehosen freiwillig ausgepackt habe!
Welch ein schönes Gefühl, auch wenn die Wassertemperatur eher an die der Aare erinnert.

Sowieso erinnert hier das eine oder andere an die Schweiz. Nebst den vier Sprachen, welche grundverschieden sind und der Einwohnerzahl, ist Laos ein Binnenland. Doch Laos hat eine unsäglich traurige Vergangenheit. Endlich losgelöst von Frankreich wurde das Land zur neutralen Zone, ein offizielles Pufferland. Obwohl Laos somit nie offiziell in einen Krieg involviert war, ist es das meist bombardierte Land der Welt. Über 270 Millionen Streubomben, ca 2.5 Millionen Tonnen Munition gingen alleine im Vietnam- und dem geheimen Krieg von Laos über dem Land nieder. Mehr Bomben als die Alliierten im zweiten Weltkrieg gegen Deutschland und Japan insgesamt verwendeten. Ein Problem, mit welchem das Land noch heute kämpft. Jede dritte Bombe explodierte beim Aufprall nicht und gefährdet noch heute Mensch und Tier. Um diese zu schützen, betreibt die Organisation UXO (unexploded ordnance) Lao viel Aufklärungsarbeit in Städten und Dörfern. Daneben versucht die Organisation möglichst viele der immer noch scharfen Munition ausfindig zu machen und zu eliminieren.

teile den Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

– lies mehr –

Ähnliche geschichten

Simon

Tet in Ben Tre

Da sitzen sie. Die einen am Handy, andere rauchen. Die Frauen trinken einen typisch, vietnamesischen Eiskaffee. Dazwischen Kinder. Teils schlafend, teils winkend. Die Kisten mit

Simon

Unterwasserwelt vor Flores

Die Lunge brennt leicht, das Zwerchfell krampft sich zusammen. Das Hirn scheint zu schreien: „atme!“. Doch ich unterdrücke die Reflexe. Über mir sind knappe 8m

Simon

Darwin

Die Flugbegleiterin kündigt eben in sauberen, wenn auch australischem Englisch das Ende unseres ersten Interkontinenalfluges an. Dass sich das überhaupt so nennen darf. In einem